Rente: Wenn ich eines Tages abtrete, dann nicht in dem Gefühl, die Jungen für ein paar zittrige letzte Atemzüge ausgeplündert zu haben.
Wann wird der erste Politiker wohl das ultimative Wahlversprechen liefern? Ewiges Leben für alle! Ewige Gesundheit für Mensch, Tier und Planet! Ja mehr noch: Glückseligkeit für alle! Folge mir, wähle mich und alles wird gut. Und selbstverständlich bei guter Rente ab 65, versprochen, auf ewig.
Juhu. Ich bin 60. Ich würde davon profitieren – von dieser Hölle, die sich als Paradies tarnt und die schon jetzt bedrohlich nah an der Realität ist.
Die Jungen zahlen doppelt: Für die Rente der Alten und dafür, dass sie die möglichst lange bekommen
Die Gesundheitskosten pro Kopf der Bevölkerung stiegen von 1996 bis heute um mehr als 100 Prozent. Sie haben sich mehr als verdoppelt. 1996 lag der Preis pro Kopf der Bevölkerung für die Gesundheit bei 2407 Euro jährlich. 2019 lag er bei 4944 Euro ( -> Quelle).
Der mit Abstand größte Teil dieses Geldes wird für Alte ausgegeben. Im Alter steigen die Gesundheitskosten dramatisch. Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren kommen mit rund 1000 Euro Gesundheitskosten pro Jahr aus. Für Rentner sind es im groben Schnitt 10.000 Euro pro Jahr (-> Quelle). Auf die Lebenszeit gerechnet gibt ein Mensch in seinen letzten Lebensjahren den Löwenanteil seiner Gesundheitskosten aus – ein Drittel bis die Hälfte ( -> Quelle). Und diese Entwicklung schreitet fort.
Natürlich trägt die Allgemeinheit diese Kosten. Insoweit sind die Politiker vom ultimativen Wahlversprechen gar nicht mehr weit entfernt. „Die Allgemeinheit“ ist beim Empfangen der Leistungen alt und beim Bezahlen jung. Die Jungen zahlen für uns Alte – erdrückend, Steuern und Zwangsabgaben aller Art. Sie bezahlen unsere neue Hüfte, unsere Diabetes-Behandlung und sogar unseren ZDF-Fernsehgarten.
Die Jungen zahlen mit den Gesundheitskosten auch die Kosten für die Rente. Die steigen dank exorbitanter Gesundheitsausgaben besonders drastisch. Die Jungen finanzieren Lebensverlängerung der Alten, um sodann den Lebensunterhalt für die Alten länger zu zahlen.
Sie jammern über Altersarmut. Kinderarmut ist ihnen egal
Zugleich jammern die Alten über Altersarmut. Derweilen sitzen sie in ihren Wohnmobilen und verstopfen Autobahnen und Innenstädte. Neulich sah ich auf der A8 kurz vor Rosenheim ein Prachtexemplar von Wohnmobil auf Basis eines großen Mercedes-Lastzugs. Hinter sich zog er einen Hänger, der als mobile Garage für einen funkelnagelneuen Porsche diente. Am Steuer saß ein grauhaariger Rentner. Es galt noch der November-Lockdown. Wohl denen, die in ihrem rollenden Ferienhaus auf Tour gehen konnten. Der Wohnmobil-Boom korreliert mit dem durchschnittlichen Bevölkerungsalter. Da, wo die Bevölkerung am ältesten ist, boomt die Wohnmobilbranche am stärksten ( -> Quelle). Über Kinderarmut redet übrigens kaum jemand.
Ich bin nicht neidisch. Ich gönne jedem seinem Wohlstand. Allerdings dann nicht, wenn er ergaunert ist. Die politischen Verhältnisse basieren auf Demographie. Der Anteil der Alten ist der höchste unter den Wählern. Das wissen auch die Parteien ( ->Quelle). Genau darum machen Sie Politik für Alte. CDU/CSU: Rentenniveau halten. Behaupten, die Rentenfinanzierung sei „gut aufgestellt“ und verschweigen, dass das nur dank Steuerzuschuss so ist. Die Jungen zahlen lassen ( -> Quelle). Die SPD: Rentenniveau halten, die Jungen zahlen lassen ( -> Quelle). Die Grünen: Rentenniveau halten, die Jungen zahlen lassen (-> Quelle). Allein die FDP wagt eine andere Idee: Rente irgendwie halten, aber aus Unternehmensdividenden zahlen ( -> Quelle).
Gipfel des Populismus: der staatliche Glücksindex. Will Söder jetzt jedem einen Liebes-Partner versprechen?
Die CSU – der ich selber angehöre – treibt den Schwachsinn auf die Spitze. Sie erwägt wahrhaftig die Einführung eines Glücksindex ( -> Quelle). Partei-Generalsekretär Markus Blume nennt als Vorbild den Tibet-Staat Bhutan, wo es ein in die Verfassung geschriebenes Recht jedes Bürgers auf „Glück“ gibt, für das der Staat geradezustehen behauptet. Dass die CSU derart esoterischen Blödsinn ernsthaft erwägt, lässt einen verzweifeln. Glücklich ist ein Mensch ja wohl eher weniger dank staatlicher Handlungen, sondern z.B. dank eines geliebten Partners, eigener Kinder, guter Gesundheit oder auch mal eines guten Essens. Als Glück darf man vermutlich auch bezeichnen, dass der Populist Markus Söder nicht Kanzlerkandidat der Union wurde. Denn der hat mit seiner Corona-Panikpolitik das Mega-Versprechen der ewigen Gesundheit und des ewigen Lebens schon gestreift.
Die Corona-Politik taugt überhaupt, um die verzweifelte Lage der Jungen angesichts der räuberischen Alten zu belegen. Als erstes schlossen sie die Schulen und öffnen sie erst jetzt wieder zaghaft, nach mehr als eineinhalb Jahren Ausnahmezustand. In scharfem Gegensatz zu Gesundheits- und Lebenshaltungskosten für die Alten zeigt sich, wie sträflich die Investitionen in Digitalisierung, Infrastruktur und Personal für die Jungen unterblieben sind. Das Schul- (und Uni-) Versagen ist unmittelbare Folge der politischen Prioritäten: So viel wie möglich für die Alten, so wenig wie möglich für die Jungen.
Natürlich gibt es ein kostenloses Seniorentaxi. Natürlich gibt es kein kostenloses Kindertaxi
Dabei ist die Politik, sonst dem jammerhaften Mimosentum zugeneigt, erstaunlich hartherzig. Dass die kinderpsychologischen Stationen der Kliniken wegen der Folgen der kinder- und jugendfeindlichen Corona-Politik überlaufen und vielerorts nur noch akut Selbstmordgefährdete behandelt werden können, interessiert kaum.
Wie eingeschliffen die Kinderfeindlichkeit im Denken aller öffentlichen Instanzen ist, zeigt sich bis in die Lokalpolitik. Bei uns in Bad Aibling gibt es als soziale Wohltat Seniorentaxis. Wer alt genug ist, wird kostenlos herumkutschiert. Das finden alle toll. Niemand hinterfragt es. Für Kinder und Familien gibt es Vergleichbares nicht. Auch das findet jeder normal und selbstverständlich. Warum eigentlich? Weil Kinder gefälligst zu Fuß zum Sport oder Musikunterricht spazieren können?
Ach so, Sport und Musik – ein Schwimmbad existiert bei uns im näheren Umkreis nicht. Die Schulturnhalle hat bis zum Ende der Corona-Sperre keine bürokratenkonforme Lüftung erhalten. Musiklehrer sind schwer zu finden und teuer. Hier sieht der Staat von Bundes- bis Gemeindeebene keinen Handlungsbedarf, anders als bei Seniorentaxis. Und genau das ist mein Punkt: Der Staat auf allen seinen Ebenen erfindet permanent neue Gelegenheiten, Geld für die Alten auszugeben, das er den Jungen abknöpft.
Ich würde mich schämen, würde ich den Jungen für ein paar sinnlose Greisentage die Zukunft nehmen
Genau das ist auch der Grund dafür, dass immer weniger junge Familien sich eigene Wohnungen oder gar Häuser leisten können. Die Alten blockieren in Gemeinde-, Stadt- und Kreisräten, in Landtagen und im Bundestag, dass zu erschwinglichen Kosten gebaut werden kann. Vom Planungs- über das Brandschutzrecht bis zur erlaubten Flächennutzung – alles ist auf Stillstand und Blockade ausgelegt. Die Alten, die schon besitzen, verteidigen ihre Pfründe mit demographischer Gewalt. Die Jungen können sehen, wo sie bleiben. Und zahlen.
Ich distanziere mich hiermit von meinen kleptokratischen Altersgenossen. Ich habe natürlich leicht reden. Ich bin Freiberufler. Ich habe nur wenige Angestelltenjahre auf der Uhr. Meine staatliche Rente wird äußerst niedlich ausfallen. Das ist mir wurscht. Ich will niemandem auf der Tasche liegen. Ich begreife nicht, wie meine Generation, die ohnehin kaum etwas Bahnbrechendes zustande brachte, den Jungen zum eigenen Nutzen und Frommen die Zukunft stehlen kann.
Es wird übrigens am Ende auch alles nichts nützen. Wir alle werden sterben. Kein Politiker wird das ändern. Leben und Tod sind nicht menschgemacht. Sie sind Natur oder Gott. Das mag jeder glauben, wie er will. Es läuft immer auf dasselbe hinaus. Das Leben kommt und geht, ob es uns passt oder nicht.
Alles, was wir tun können, ist, unseren Nachkommen ein gutes Leben zu ermöglichen. Leben müssen sie es dann selber. Aber wir haben es in der Hand, was wir ihnen mitgeben. Und wenn ich eines Tages abtrete, dann nicht in dem Gefühl, die Jungen für ein paar zittrige letzte Atemzüge ausgeplündert zu haben.
Stay hungry, stay foolish. Frage Dich, was Du tun möchtest, wäre dieser Tag Dein letzter Tag. Der Tod ist die beste Erfindung des Lebens, denn er räumt das Alte für das Neue ab.
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