EU-Flagge mit Ukraine

Schön wär’s:

EU bietet Ukraine und allen Beitrittskandidaten sofortige Mitgliedschaft

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EU bietet Ukraine und allen Beitrittskandidaten sofortige Mitgliedschaft

cpa, Brüssel – Die EU-Kommission hat völlig überraschend der Ukraine und sämtlichen Beitritts-Kandidaten die sofortige Mitgliedschaft in der Europäischen Union angeboten. Die Beitrittskriterien sollen radikal vereinfacht werden, sagte Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen der Casa Presse-Agentur (cpa).

„Wir reagieren damit auf die dramatische Sicherheitslage und das Leid der Menschen  nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine.“ Mehrere Regierungen hätten bereits Zustimmung signalisiert.

Sie habe erneut mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimier Selenskij gesprochen, der sich nach wie vor in Kiew aufhalte. Selenskij habe die Dringlichkeit des ukrainischen Beitrittsantrags betont.

Neben der Ukraine gelte das Angebot auch für die Türkei, Serbien, Albanien, Nord-Mazedonien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Kosovo. Das sei schon deshalb notwendig, weil diese Länder sich sonst übergangen fühlen könnten.

Von der Leyen sagte, auch Großbritannien sei wieder in der EU willkommen. Sie habe mit Premierminister Boris Johnson telefoniert, der sich „überrascht, aber aufgeschlossen“ geäußert habe.

Souveräne Mitgliedsstaaten statt Föderalismus

Der Sofortbeitritt der Ukraine und aller Beitrittskandidaten erfordert nach den Worten von der Leyens allerdings auch radikale Änderungen der Struktur der EU. „Die immer engere Integration zu einem föderalen europäischen Staatswesen ist so nicht mehr möglich“, sagte die Kommissionspräsidentin.

„Stattdessen muss die EU als enges Bündnis souveräner Nationalstaaten neu aufgestellt werden.“

Das sei eine radikale Neuausrichtung, die die Union aber stärke. Nur so sei es auch möglich, ohne die bisher üblichen Verhandlungsprozesse eine große Zahl neuer Mitglieder aufzunehmen.

„Die bisher angestrebte vertikale Integration wäre damit erledigt“, sagte von der Leyen. Im Schnellverfahren sei es nur möglich, „horizontal zu integrieren“ und „die Rolle der EU auf wenige, dafür essentielle Elemente zu konzentrieren“.

Radikal vereinfachte Beitrittsprozedur

Kern ihre Planes sei es, die inneneuropäischen Grenzen durchlässig zu gestalten, Freihandel zu sichern und eine gemeinsame Sicherheitsplattform zu schaffen.

„Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat die Lage grundlegend verändert“, sagte von der Leyen. Es sei „nicht die Zeit für langwierige Prozeduren“. Bürokratische Hemmnisse müssten konsequent beseitigt und die Aufnahme neuer Mitglieder radikal vereinfacht werden.

An Russland gehe damit das Signal, dass die Ukraine schon in kurzer Zeit als EU-Mitglied vollen Beistand der europäischen Partner erhalte.

Sollte Russland sich auf einen friedlichen Weg besinnen, sei später auch eine Mitgliedschaft Russlands in der EU möglich. Die EU sei weder in ihrer heutigen noch in einer künftigen Form gegen Russland gerichtet und strebe freundschaftliche Beziehungen auf Augenhöhe an.

Türkei erhalte konkrete Perspektive

Die Türkei erhalte damit nach jahrzehntelangen Bemühungen eine konkrete europäische Perspektive.

Die türkische Führung habe sich in der Ukraine-Frage solidarisch gezeigt und den Bosporus auf Wunsch des Westens für Kriegsschiffe gesperrt. Das sei ein starkes Signal, das auch belohnt werden müsse. Eine Stellungnahme aus Ankara liegt noch nicht vor.

Zudem zeige Europa damit auch EU-Bürgern mit türkischem Hintergrund, dass sie in Europa willkommen seien, sagte die Kommissionspräsidentin. Für die Türkei erwartet von der Leyen eine Aufbruchstimmung, der sich Staatschef Erdogan nicht entziehen könne.

Von der Leyen verwies auch auf das Abstimmungsverhalten Serbiens in der Sondersitzung der Vereinten Nationen. Belgrad habe sich gegen seinen traditionellen Verbündeten Russland gestellt und den Einmarsch Putins in der Ukraine verurteilt.

Das sei bemerkenswert und ein Zeichen für einen fundamentalen Wandel hin zur westlichen Kultur- und Staatengemeinschaft.

Baerbock: „Begeisterung wecken“

„Putin hat die bisherige Sicherheitsarchitektur in Europa zerschlagen“, sagte von der Leyen. „Daraus erwächst aber auch die Chance, jetzt kreativ etwas Neues zu beginnen.“

Die Kommissionspräsidentin kündigte an, heute eine Tour durch die Hauptstädte Europas zu beginnen und für ihr Vorhaben zu werben.

Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock begrüßte den Vorstoß. „Es ist zwar nicht die Art von EU, die wir bisher wollten“, sagte sie in Berlin, „aber wir lernen gerade dazu.“

Das langfristige Ziel, die Nationalstaaten nach und nach in Vereinigten Staaten von Europa aufgehen zu lassen, sei derzeit unrealistisch. Die Initiative von der Leyens schaffe dagegen eine neue Perspektive für eine stabile Friedensordnung.

Baerbock sieht in von der Leyens Plan eine Chance, die EU in den Augen der EU-Bürger populärer zu machen. „Eine solche Union hat das Zeug, Begeisterung zu wecken“, sagte Baerbock.

Die EU hat derzeit knapp 450 Millionen Einwohner. Eine neue EU nach den Plänen der Kommissionspräsidentin käme voraussichtlich auf mehr als 600 Millionen Einwohner.